Um ein Haar wäre zwei Jahre nach dem ersten Zug (1928) die ganze Herrlichkeit vorbei gewesen. Die politischen Verhältnisse mit dem Elend der Massenarbeitslosigkeit und die blutigen Auseinandersetzungen zwischen radikalen Parteien auf der Linken und der Rechten veranlassten den Preußischen Innenminister öffentliche Aufzüge zu verbieten, wobei er ausdrücklich auch die Karnevalsumzüge in sein Verdikt einschloss. Doch das ließ den mutigen Bürgermeister der Hauptstadt des damaligen Kreises Mülheim am Rhein nicht ruhen. Im Stadtarchiv liegt eine Korrespondenz, die das Schlimmste verhinderte.

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Seine Begründung in diesem Brief, der übrigens exakt am Tage der Geburt unseres Ehrenpräsidenten das Rathaus verließ, überzeugte den Landrat. Die Genehmigung des preußischen Ministers des Inneren kam prompt über den Regierungspräsidenten auf dem Dienstweg nach Bergisch Gladbach. Der Zug war damit gerettet. Vorerst jedenfalls.

In den düsteren Jahren der großen Wirtschaftskrise von 1931 bis 1933, des schrecklichen Zweiten Weltkrieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit fielen die Züge aus. Nach Hitlers Machtergreifung spürte man bald auch in Gladbach, dass sich die Zeiten geändert hatten.

Dennoch blieb sich die „Große“ treu. Ihre Devise: „Allen Wohl und niemand wehe“ wurde zwar auf eine harte Probe gestellt, aber das Brauchtum hatte nun einmal seine eigenen Gesetze. Die Kritik an der neuen „Obrigkeit“ erfolgte subtiler. Karl Küpper, ein gefeierter Redner machte es auf seine Weise. Er schwang seine Beine über den Rand der „Bütt“ und hob die rechte zum „Führergruß“. Minutenlang wusste man nicht, ob man lachen oder weinen sollte. Den Prominenten im Saal sah man die Verlegenheit förmlich an. Doch plötzlich löste sich der Bann, als Küppers Karl schmunzelnd rief: „Hei – E su es et am rähne…“

Von 1934 bis 1939 hegte man noch die Hoffnung, dass sich alles zum Besseren wenden würde.

1934 hatte Prinz Max Müller (der “Sohmdotz“) es erstmals mit einem deftigen Bauern (Hans Örder) und dem Zug der neuen Zeit zum Trotz einer lieblichen Jungfrau Petra (Peter Steinbüchel) aus seiner Nachbarschaft versucht, den Kölner nachzumachen, doch die mussten auf den Druck der „Braunen“ hin die bis dahin „männlichen Mariechen“ durch junge Frauen ersetzen und die Kölsche Jungfrau war auch bald kein Mannsbild mehr. 1935 konnte sich der allseits beliebet Fußballer Peter Hürkens als Prinz auf eine „Prinzengarde“ und die „Gladbacher Funken“ stützen.

Aus Bensberg beteiligte sich die „Narrenzunft“ am Gläbbiger Zug wie auch 1936, als der blutjunge und immer zu köstlichen Streichen aufgelegte Erich Weidmann Prinz Karneval war.

1937 gab es nur eine ganz kurze Session, denn Karnevalsdienstag war bereits am 9. Februar. Der Gronauer Bauunternehmer Heinrich Sprenger konnte als Prinz den unvergessenen Karl Berbuer begrüßen, der mit seinem „Heidewitzka Herr Kapitän“ wieder einen echten Hit geschaffen hatte. Die Große feierte mit gebührendem Pomp ihr zehnjähriges Bestehen.

1938 wurde auf Veranlassung des Bürgermeisters ein städtisches Festkomitee unter dem Vorsitz des Beigeordneten Lindlar gebildet. Paul Wielpütz hatte als Prinz nichts dagegen und freute sich, dass sein Karnevalsdienstagszug aus immerhin 50 Gruppen bestand.

Dann aber zog mit Fritz Hammelrath am Karnevalsdienstag 1939 letztmalig für Jahre noch einmal ein Prinz durch die Kreisstadt. Bereits bei seinem Vorgänger Paul Wielpütz hatten sich von Paffrath kommend Bauer und Jungfrau dazugesellt.

Hubert Kohlgrüber wurde nach elf Dienstjahren Ehrenpräsident der Großen. Doch sein Nachfolger Buntenbach fungierte nur noch wenige Wochen. Der schreckliche Krieg begann und viele, die so fröhlich mitgefeiert hatten, verloren ihr Leben auf den Schlachtfeldern oder in den Bombennächten daheim.